Windkraft

Dass die Menschheit damit einen großen Fehler gemacht hat (und immer noch macht), die fossilen Energieträger aus ihrer Isolation durch mächtige Sedimentschichten ans Tageslicht zu befördern, um sie dann in unserer Atmosphäre zu verbrennen, wird so langsam immer mehr Menschen klar, allen voran sogar unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mal das Amt des Umweltministers innehatte. Als ausgebildete Physikerin sollte sie auch wissen, dass die Sedimentbedeckung unter Sauerstoffabschluss dazu führt, dass all das Material, das einst zur Bildung des Sauerstoffs in der Atmosphäre beitrug, in der Tiefe nicht oxidieren kann. Dessen Verbrennung an der Oberfläche entzieht unserer Luft unter anderem viel Sauerstoff und verändert so die relative Zusammensetzung der Atmosphäre, was den aktuell viel zu schnellen Klimawandel begünstigt.

Dabei ist ja die Nutzung der (nachhaltigen) Windenergie nicht einmal neu, denken wir nur mal an die malerisch romantischen Windmühlen in Holland oder Griechenland. Aber mit Sonne, Wind und Wasserkraft konnte die grenzenlose Gier der Industriebosse nicht befriedigt werden, deshalb mussten Öl und Gas aus der Erde herausgeholt werden. Mehr noch, Kernkraftwerke mussten mit immensem Aufwand und unter bereitwilliger Akzeptanz der Entsorgungsproblematik zu Tausenden wie Pilze aus dem Boden wachsen.

In dieser verfahrenen Situation erfolgt mit dem geradezu plötzlichen Atomausstieg in Deutschland gerade eine beispiellose Zäsur. Gesetzt wird endlich auf die erneuerbaren Energien, von denen die Windkraft eindeutig den Löwenanteil ausmacht. Jeder von uns erfährt dies in der steten Zunahme von einzelnen Windenergieanlagen sowie ganzen Windparks, die in der Bevölkerung nicht nur Freunde haben.

Was mit einzelnen größeren Forschungsanlagen (Grovian) begann, ist heute zur Selbstverständlichkeit in deutschen Landen geworden, wobei die Anlagengrößen immer weiter voranschritten, um nun einen Gipfel in den Offshorebereichen zu erklimmen. Dabei eröffnet sich sofort ein ziemlich großes Problem: der Transport der Energie von den Küsten im Norden bis zum Alpenrand im Süden.

Es geht voran

Während noch Ende der 1980er Jahre die 600 Kilowatt-Anlagen den Ton angaben, setzt sich nun der Trend zu immer leistungsstärkeren Windenergieanlagen ungebrochen fort. Seit ungefähr dem Jahre 2000 dominierten Zwei- bis Drei-Megawatt-Anlagen den Markt, heute ist es die Drei- bis Fünf-Megawatt-Klasse. Bei diesen Angaben handelt es sich allerdings immer um die sogenannten Nennleistungen, die bei definierter, konstanter Windgeschwindigkeit von zehn Metern pro Sekunde (36 Stundenkilometer) auf Nabenhöhe erwirtschaftet werden. Oftmals sind die Luftströmungen über Land geringer und bei Sturm müssen die Anlagen aus Sicherheitsgründen quasi abgeschaltet werden

Der durchschnittliche Rotordurchmesser der heutigen Windenergieanlagen beträgt 109 Meter, das ist fast doppelt so viel wie noch vor der Jahrtausendwende. Ähnliches gilt für die Nabenhöhen, deren Durchschnittswert heute auf 128 Meter angestiegen ist. Die neuen Offshore-Anlagen leisten im Schnitt mehr als 5,2 Megawatt bei Rotoren, die einen Durchmesser von 145 Metern erreichen. Das sind wirklich gigantische Anlagen.

Welchen Anteil unserer benötigten Energie kann der Wind tatsächlich liefern?

Ende 2016 gab es in Deutschland mehr als 28.200 Windenergieanlagen, die alle zusammen circa 12,3 Prozent der in Deutschland produzierten elektrischen Energie bereitstellten. Dieser Beitrag machte nahezu 80 Terawattstunden (tera = 10 hoch 12 = Billion) aus. Bei einem Verkaufspreis von 25 Cent pro Kilowattstunde entspricht dies einer Wirtschaftskraft von größenordnungsmäßig 20 Billionen Euro. Das ist schon ein ordentliches Häppchen. Im weltweiten Vergleich hat Deutschland immerhin zehn Prozent der globalen Gesamtleistung von Windenergieanlagen installiert und nimmt damit Rang 3 nach China (43 Prozent) und den USA (15 Prozent) ein. Bezogen auf Europa ist Deutschland mit 32,5 Prozent führend. Ebenfalls Ende des Jahres 2016 speisten allein die 156 Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) eine Leistung von 818 Megawatt ins deutsche Stromnetz ein.

In die Windenergie wird immer weiter investiert

Im Jahre 2016 gehörte die Windenergie zu den investitionsstärksten Sparten überhaupt in Deutschland. Mit 9,2 Milliarden Euro betrug ihr Anteil fast 65 Prozent am gesamten Erneuerbare-Energien-Investitionsvolumen (EE). Damit ist die Windenergie zugleich der größte Arbeitgeber mit Blick auf die zurzeit 330.000 Jobs auf dem Feld der erneuerbaren Energien.

Der Wind weht nicht überall gleich

Wegen der langen Küstenlinien im Norden Deutschlands ist ein klares Nord-Süd-Gefälle in der Windausbeute zu verzeichnen. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass die Rauigkeit des Landes im Norden wegen der geringen Topografie deutlich geringer ist als in den Mittelgebirgen Süddeutschlands. Somit stellt sich dem Windfeld im Norden weniger Widerstand entgegen. Fast 42 Prozent aller deutschen Onshore-Anlagen befinden sich in Windparks in Schleswig-Holstein (6.45 Megawatt) und Niedersachsen (9.30 Megawatt). Offshore dominiert, wie zu erwarten, die Nordsee mit circa 3,8 Megawatt Windleistung.

Wird es mit der Windenergie in Deutschland weiter so rasant bergauf gehen?

WindparkSicher nicht, denn es gibt Tage, da ersticken wir schon jetzt an unserem Windstrom. Es fehlt an Leitungen, die die Energie unmittelbar in die Regionen, wo der Strom dringend gebraucht wird, ableiten können. Theoretisch kann schon heute der deutsche Strombedarf an windigen und sonnigen Tagen zum größten Teil aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. In der Praxis werden aber die Rotoren immer häufiger in den sogenannten Trudelbetrieb heruntergeregelt, weil die viele (teure) Energie nicht abgeführt werden kann. Dieser Zustand ist besonders bizarr, weil die abgeregelten Anlagen selbst elektrische Energie aus dem Netz beziehen müssen. In 2015 gingen wegen Zwangsabschaltungen über drei Terawattstunden verloren.

Dies kann den Eigentümern der Windkraftanlagen übrigens ganz egal sein, denn der Gesetzgeber gesteht ihnen bei überlasteten Netzen immer ihr Ausfallhonorar zu. Bezahlen muss das dann eben die Gemeinschaft aller Verbraucher, allen voran die Kleinabnehmer. Im Jahre 2015 wurde ihnen so circa 250 Millionen Euro für elektrischen Strom in Rechnung gestellt, den sie gar nicht verbraucht haben. Die Bundesnetzagentur hat bereits die Schätzung herausgegeben, dass die Zusatzkosten für Netzengpässe demnächst sogar bis auf vier Milliarden Euro steigen könnten, jedes Jahr.

Dies alles ruft verständlicherweise immer mehr Windkraftgegner auf den Plan. Als Sigmar Gabriel noch Wirtschaftsminister war, gab er im Rahmen der Diskussionen zur EEG-Reform zu bedenken, dass die erneuerbaren Energien nun lange genug mit Fördergeldern beglückt worden sind. Das schmerzte in den Ohren der Windkraftlobby. In düsteren Farben malte die Ökostrombranche umgehend ihren unabwendbaren Untergang an die Wand. Da wurden unter Schirmherrschaft von SPD- und Grünen-Politikern Großkundgebungen gegen Subventionskürzungen (zum Beispiel der Aktionstag „Energiewende retten! EEG verteidigen!“) organisiert, um das geplante „Ausbremsen“ der Windkraft unübersehbar in Szene zu setzen.

Es wird sehr wahrscheinlich nicht mehr so lange dauern, bis die Menschen bemerken, dass mit ihrem schwer verdienten Geld eine gigantische Umverteilungsmaschine in Gang gehalten wird, die lediglich die verzichtbaren Interessen von Großgrundbesitzern, Investoren, Kommunalpolitikern und Landesfürsten befriedigt.

Fazit:
Das Potenzial der Windkraft ist riesig und wird durch den Klimawandel weiter beflügelt, da dadurch immer mehr Energie in unsere Atmosphäre gelangt. Allein der Netzausbau darf dabei auf keinen Fall vernachlässigt werden. Um alles richtig aufeinander abzustimmen und miteinander zu verzahnen, wird man nicht darum herumkommen, die Windkraftbetreiber beim länderübergreifenden Netzausbau sowie bei der technischen Lösung der Energiespeicherung mit in die Verantwortung zu ziehen.